Künftige gesamtwirtschaftliche Entwicklung
Der International Monetary Fund (IMF) erwartet, dass die Weltwirtschaft 2024 ein Wachstum von 3,1 % erzielt, die Prognose des Bundesverbands der Deutschen Industrie fällt mit 2,9 % nahezu deckungsgleich aus. Die Wachstumserwartung wird von der erhöhten Resilienz der Wirtschaft in den USA und einigen anderen größeren, aufstrebenden Volkswirtschaften sowie staatlichen Unterstützungen in China positiv beeinflusst. Dagegen zählen die nachlassende Erholung von der Pandemie sowie straffere geldpolitische und finanzielle Rahmenbedingungen zu den Faktoren, die die Entwicklung schwächen. Die in vielen Weltregionen herrschende hohe Inflation soll entsprechend der Prognose der Institute für Gemeinschaftsdiagnose mittelfristig gesenkt werden. Die Erwartung des IMF für die globale Inflation liegt bei 5,8 %.
Die EU-Kommission rechnet im Euroraum für 2024 mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 0,8 %, nachdem die Wirtschaftsprognose von 1,2 %, aufgrund der erwarteten Zinswende, gesenkt wurde. Die prognostizierte Inflation in der Eurozone liegt mit 2,7 % unter der erwarteten globalen Inflation. Bedingt durch die anhaltende Inflation, gestiegene Zinsen und Baukosten, die sinkende Kaufkraft der Haushalte, das geringere Wirtschaftswachstum, die stärkere staatliche Verschuldung sowie sinkende Immobilienpreise wird für die meisten EUROCONSTRUCT Länder prognostiziert, dass das Baugewerbe schrumpft. Der stärkste Rückgang wird im Bereich des Wohnungsbaus erwartet. Gemäß dem Global Construction Monitor der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) ist Europa die einzige Region, welche im privaten Wohnungsbau für 2024 einen Rückgang erwartet, der auf 11,0 % geschätzt wird. Gleichermaßen sind Renovierungen rückläufig. Der Tiefbau wird sich aufgrund öffentlicher Investitionen resilient zeigen. Im Bau von Nichtwohngebäuden wird bis 2024 eine Stagnation und im Bereich der Renovierungen von Nichtwohngebäuden ein leichter Anstieg erwartet.
In unseren Kernmärkten Niederlande und Schweiz wird für das Jahr 2024 jeweils ein Anstieg des BIP prognostiziert. Die Erwartungen für den Kernmarkt Deutschland liegen größtenteils im unteren positiven Bereich. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet mit einem geringen Wachstum der Wirtschaftsleistung um 0,3 %. Gegenteilig erwartet das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) einen Rückgang des BIP um 0,5 %. Gedämpft wird das deutsche Wirtschaftswachstum durch die hohe Gewichtung der energieintensiven Industrien, die schwache Weltkonjunktur sowie deren Auswirkungen auf die Exportunternehmen und die zunehmende Unsicherheit der Unternehmen aufgrund der Haushaltskrise. 2024 wird der Konsum weiterhin durch die hohe Inflation gebremst und die gestiegenen Zinsen werden negative Auswirkungen auf die Bauwirtschaft und die Investitionen haben. Allerdings sollten sich die privaten Konsumausgaben wieder erholen, bedingt durch steigende Realeinkommen. Sowohl die Bundesregierung als auch die EU-Kommission prognostizieren für 2024 einen Rückgang der Inflationsrate in Deutschland auf 2,8 %. Diese Annahmen sind nahezu deckungsgleich mit der Prognose für den Euroraum. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie rechnet im kompletten Bauhauptgewerbe mit einem realen Umsatzrückgang in Höhe von 3,5 %. Gründe für die negative Entwicklung sind die schwache Entwicklung der Weltwirtschaft, geldpolitische Straffungen durch die hohe Inflation sowie Verunsicherung der Unternehmen und Haushalte infolge der haushalspolitischen Unklarheiten in Deutschland. Im Wohnungsbau gilt die Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt als zusätzlich anhaltende Herausforderung. Laut einer Meldung des Verbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sind Wohnungsbauunternehmen gezwungen, Projekte zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum abzusagen. Nach aktuellem Stand können 22 % der bereits geplanten Projekte nicht realisiert werden. Für Sanierungsmaßnahmen im Bereich des Wohnungsbaus werden leichte Wachstumstendenzen prognostiziert, diese können jedoch nur teilweise den realen Rückgang im Wohnungsneubau von 12 % ausgleichen. Im Wirtschaftsbau wird vom Hauptverband der Deutschen Bauindustrie ein preisbereinigtes Wachstum von 2 % hervorgesagt. Entsprechend der geringeren Zinsabhängigkeit gewerblicher Investitionen und hoher Kapazitätsauslastungen wird im Hochbau eine Stagnation erwartet. Ausgeglichen wird dies durch einen Anstieg im Wirtschaftstiefbau. Im öffentlichen Bau wird ein Umsatzwachstum von 1,0 % erwartet. Nachdem bis November 2023 einige Baumaterialpreise wie beispielsweise die Preise für Stahl, Bauholz und Glas einen Rückgang verzeichnen konnten, wird für 2024, laut dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie, insgesamt mit rückläufigen Materialpreisen gerechnet. Lediglich bei vereinzelten energieintensiven Materialien wie Zement sind, wie bereits in 2023, weitere Preisanstiege realistisch.
Für die Niederlande, welche ebenfalls zu unseren Kernmärkten zählt, erwartet die EU-Kommission für 2024 ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,1 %. Analysten der Rabobank befürchten eine Stagnation durch weiterhin hohe Zinsen und eine anhaltende Inflation. Besonders geprägt wird die wirtschaftliche Situation durch die Neuwahlen im November 2023. Zu den größten Chancen der niederländischen Wirtschaft zählt der Ausbau des starken Außenhandels. Dieser profitiert insbesondere von der hohen Nachfrage nach niederländischen Waren und Dienstleistungen. Gegenläufig könnten die Energiepreise durch die Ukraine-Krise und Handelsbeziehungen, insbesondere zu Russland, zu Herausforderungen führen. Ein Wachstum des Nominallohns von 4 %, bedingt durch den Arbeitskräftemangel, in Kombination mit einer prognostizierten Inflationsrate der EU-Kommission in Höhe von 3,7 % dürfte im Jahr 2024 zu einer Verbesserung der Inlandsnachfrage führen. In der Baubranche jedoch erwartet die Economic and Financial Analysis Division der ING Bank N.V. für das Jahr 2024 einen Rückgang von 2,5 %. Besonders die gestiegenen Zinssätze und Risiken der Investoren führen dazu, dass sich der Immobilienmarkt bis Mitte des Jahres negativ entwickelt. Aufgrund der ohnehin bestehenden, strukturellen Knappheit im Bereich der Wohnimmobilien und der höheren Einkommen werden sowohl die Preise für Bestandimmobilien als auch für neue Immobilien gemäß der Prognose der ABM AMRO im Housing Market Monitor um 4 % in 2024 steigen. Das vorteilhafte sozioökonomische und politische Klima gestaltet die Niederlande für Migranten attraktiv, die Nachfrage nach Wohnraum wird deshalb zukünftig noch mehr ansteigen. Dennoch werden derzeit Bauverfahren und die Entwicklung von Neubauwohnungen verlangsamt. Gründe dafür sind steigende Baukosten, zunehmende Regulierungen und lange Verfahren.
Für die Schweizer Wirtschaft prognostiziert die Schweizerische Eidgenossenschaft im Jahr 2024 ein unterdurchschnittliches Wachstum, das bereinigt 1,1 % beträgt. Begründet wird diese Prognose durch eine geringe Wachstumsdynamik im Euro-Raum, welche die exportierenden Bereiche der Schweizer Wirtschaft bremsen. Gestützt werden soll die Wirtschaft durch den privaten Konsum, welcher ebenfalls um 1,1 % ansteigen soll. Auch im Bereich der Investitionen wird eine schwache Entwicklung erwartet, da die Auslastungen der Kapazitäten sinken und die Finanzierungskosten steigen. Für die Bauinvestitionen wird insgesamt mit einem Wachstum von 0,9 % gerechnet. Im Bereich des Neubaus prognostizieren Wüest Partner und Docu Media nominell einen Rückgang von 0,8 %. Teilweise ausgeglichen wird der Rückgang durch einen Anstieg im Umbausegment in Höhe von 0,7 %. Im Bereich der Baumaterialien wird ein Nachfragerückgang erwartet, der von Lieferengpässen, gestiegene Materialkosten und Unsicherheiten aufgrund geopolitischer Ereignisse beeinflusst wird. Ein zunehmendes Bevölkerungswachstum in Kombination mit einer positiven Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt wird auch hier die laufende Verknappung der Wohnräume verstärken. Ab Sommer 2024 könnte eine erwartete Zinssenkung die Baukonjunktur ankurbeln. Dadurch werden Investitionen attraktiver und die Finanzierungskosten sinken. Jedoch spielen auch andere Faktoren wie die geopolitische Entwicklung und wirtschaftliche Unsicherheiten eine wichtige Rolle in der zukünftigen Entwicklung.
Für Großbritannien erwartet der IMF 2024 ein gemäßigtes Wirtschaftswachstum in Höhe von 0,6 %. Großbritannien ist aufgrund der hohen Inflation, hoher Zinssätze, der anstehenden Wahlen und globaler Faktoren wie dem Konflikt im Nahen Osten von Unsicherheiten geprägt. Die Bank of England wird ihre Zinspolitik erst anpassen, wenn sie zuversichtlich ist, dass die Inflation mittelfristig das Zielniveau erreicht, was nicht vor der zweiten Hälfte des Jahres 2024 erwartet wird. Laut KPMG wird die Inflationsrate 2024 auf 2,8 % zurückgehen. Aufgrund voraussichtlich sinkender Zinsen im Laufe des Jahres 2024 verzeichnet die RICS im UK Construction Monitor zum Ende des Jahres 2023 ein im Vergleich zum 3. Quartal weniger pessimistisches Bild der Lage in der Baubranche. Besonders das Infrastruktursegment ist führend und auch der private Nichtwohnungsbau dürfte im Laufe des Jahres leicht ansteigen. Durch die derzeitige reinforced autoclaved aerated concrete (RAAC)-Krise dürften Investitionen im öffentlichen Bau ansteigen, um potenzielle strukturelle Mängel zu vermeiden. Neben den Investitionen in das Bildungswesen wird die Baubranche im öffentlichen Bereich vor allem durch Investitionen in die Infrastruktur und das Gesundheitswesen positiv beeinflusst. Für die Mieten wird 2024 mit einem durchschnittlichen Anstieg von 5 % gerechnet. Den gleichen Anstieg verzeichnen die Kosten für Fachpersonal sowie Materialkosten.
Die USA, die wir neben Großbritannien und Frankreich als Wachstumsmarkt definiert haben, wird gemäß der im Februar 2024 getroffenen Annahme der OECD ein Wirtschaftswachstum von 2,6 % erfahren. Nachdem die staatlichen Ausgaben 2023 positiv zum Wachstum beigetragen haben, wird davon ausgegangen, dass die Subventionen zurückgehen um eine Reduzierung der Staatsverschuldung zu erzielen. Bedingt durch eine rückläufige Inflation wird erwartet, dass ca. ab Mitte des Jahres 2024 die Leitzinsen gesenkt werden. Die Federal Reserve (Fed) wird die Zinsen jedoch erst senken, wenn die Inflation weniger als 3 % beträgt. Im Bereich der Gewerbe- und Bauinvestitionen besteht trotz hoher Zinsraten Raum für Wachstum. Insgesamt wird für die gesamten Ausgaben im Ingenieur- und Bauwesen ein Anstieg von 2 % prognostiziert, was jedoch ein deutlicher Rückgang zu den Wachstumsraten der Vorjahre ist. Bei gewerblichen Immobilien könnten eine geringe Vergabe von Krediten und potenzielle Verluste der Investoren dazu führen, dass der Druck auf den Sektor steigt. Der erwartete Rückgang fällt für die Mehrfamilienhäuser mit 15 % am stärksten aus. Der geschätzte Rückgang der Einfamilienhäuser von 5 % kommt dadurch zustande, dass der Erwerb immer unerschwinglicher wird und der Kauf in den meisten Märkten teurer ist als das Mieten. Aufgrund der gestiegenen Zinsen wird zukünftig weniger im Bereich der Renovierung und Sanierung investiert, weshalb eine Reduzierung von 4 % erwartet wird. Gegenläufig sollen die Investitionen im Gesundheitswesen um 8 % wachsen, was unter anderem auf den Inflation Reduction Act (Gesetz zur Reduzierung der Inflation u.a. durch Klimaschutz und Energiesicherheit) zurückzuführen ist. Auch im Bereich Hotels und Unterkünfte könnte ein Wachstum von 12 % realistisch sein. Durch weitere staatliche Förderungen im produzierenden Gewerbe wird, insbesondere im Bereich der Rechenzentren und der Halbleiterproduktion, ein Anstieg erwartet.
Die Wirtschaft Frankreichs wird laut der OECD im Jahr 2024 einen Anstieg des BIP um 0,6 % erfahren. Der IMF hingegen erwartet ein Wachstum der Wirtschaftsleistung von 1,0 %. Durch eine sinkende Inflation und eine erwartete stabilere Energiepreisentwicklung prognostiziert die Banque de France eine dynamische Entwicklung des Konsums. Die Inflationsrate soll laut der Zentralbank auf 2,6 % sinken. Bedingt durch hohe Finanzierungskosten werden Großinvestitionen wie der Kauf einer Immobilie vermieden, so dass ein Rückgang der privaten Investitionen in Höhe von 5,9 % prognostiziert wird. Der Branchenverband Fédération Nationale des Trauvaux Publics erwartet für den Infrastruktur- und Industriebau ein geringes Wachstum von 2 %, welches vor allem aus Großprojekten von Tiefbauunternehmen stammt. Bedingt durch die Inflation und hohe Zinsen wird im Bereich des Gebäudebaus ein Rückgang des Umsatzvolumens von 5,5 % erwartet. Die Nachfrage im Wohnungsbau ist durch abnehmende Baugenehmigungen seit Mitte 2023 weiterhin rückläufig. Während im Neubau ein Rückgang von 14,6 % im Vergleich zu 2023 prognostiziert wird, steigt das Marktvolumen im Bereich Renovierung und Instandhaltung um 1,6 %. Aufgrund der rückläufigen Aktivitäten in der Baubranche kündigte der Wirtschaftsminister Bruno Le Maire Unterstützungsmaßnahmen für Bauunternehmen an, wie beispielweise die Beschleunigung der Zahlung bei staatlichen Aufträgen.